Vor einigen Wochen war ich das erste Mal im Schwimmbad nach meiner Krebserkrankung. Nach einer Chemotherapie hatte man mir die Brustdrüsen entfernt und mit Silikon aufgebaut. Nach der Bestrahlung und erstem Sport setzte sich alles langsam und ich wollte unbedingt wieder in kühles Nass springen. Im Sanitätshaus hatte ich mich zu Badeanzügen und Bikinis beraten lassen. Es war für mich ein Kampf gewesen das richtige Modell zu finden. - Denn meine Brüste sind nicht mehr gleich groß. Für die Anprobe benötigte ich daher eine kleine Ausgleichsprothese auf der einen Seite. Es war der erste Versuch mich auch mal wieder als Frau und nicht nur als Objekt mit kranken Brüsten zu fühlen.  

Nach einigen Versuchen entschied ich mich für einen schlichten Badeanzug mit schmalen Schultern von Anita. Um wirklich sicher zu gehen, habe ich ihn zu Hause unter der Dusche nochmal getestet. 

 

Ins kalte Wasser 

Es war so weit! - Ich betrat das Schwimmbad und wie immer, seit der Erkrankung, spürte ich alle Blicke auf mir. In meinem Kopf hörte ich förmlich die Gedanken der anderen Schwimmbadgäste „Eine junge Frau mit so kurzen Haaren?“ „Hat sie da nur ganz schmale Augenbrauen?“ „Na, die habe ich hier aber noch nie gesehen.“ und ich drängte mich in eine Umkleidekabine hinein. Ich schüttelte die Gedanken ab. Warum sollte sich irgendjemand über Krebs und mich Gedanken machen? Ich machte mir doch auch keine Gedanken, ob der fremde Mann an Schrank 173 vielleicht mal einen Schlaganfall gehabt hatte. Oder warum die Frau in der Kabine nehmen mir immer wieder laut nieste.

 

Mein Moment im Wasser 

Niemand hier sah mir in meinem großartigen Badeanzug an, dass ich irgendeine Krebs-Operation gehabt hatte. Ich spürte, wie die Freude aufs Schwimmbecken immer weiterwuchs und ich meinen Badeanzug auch ein bisschen als Schutzanzug wahrnahm. Mit Badekappe und Schwimmbrille trat ich ans Becken. Ich hatte mich so danach gesehnt und steckte die Zehen ins Wasser. Ich ließ mich hinein gleiten und schwamm ruhig meine Bahnen. In meinem Kopf wurde es ruhiger. Irgendwann hörte ich auf an meinem Badeanzug herumzuzuppeln. Ich schaute mich auch nicht mehr um, ob sich jemand nach mir umschaute. Das hier, das war mein Element und mein Moment im Wasser.  

 

Ich komme wieder 

Neben mir zog ein älterer Herr die Bahnen, sein großer Bauch ragte beim Rückenschwimmen aus dem Becken heraus. Auf der anderen Seite übte eine ältere Dame anscheinend Kraulen. Ihre Gehhilfe hatte sie am Beckenrand geparkt und da war da ich. Eine Frau mit Brustkrebs, mit neuen Brüsten und einem neu zu entdeckendem Körpergefühl, im kalten Nass. Wie gut das tat und wie toll, dass ich mich endlich überwunden hatte. Nach dreißig Minuten ging ich unter die Dusche und ließ das warme Wasser über meinen Körper gleiten. Ich trocknete mich ab und lächelte. Ich hatte es geschafft. Mein erster Besuch im Schwimmbad nach Krebs war erledigt! Auf dem Weg nach draußen, kaufte ich mir gutgelaunt eine 10-Karte für die nächsten Besuche. Ich meine, dieser Badeanzug und ich, das musste doch gesehen werden. 

Kommentare:

keine Kommentare

Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich